„Wir wollten hier nie weg“
Großer Dreesch • Vor rund 50 Jahren wurde der Grundstein für den Wohnkomplex in der Dr.-Martin-Luther-King-Straße gelegt. Diese hieß damals noch anders, nämlich Frunsestraße. Die Familie von Rosina Tardel gehörte zu den Mietern der ersten Stunde. „Wir hatten eine Weile in Dresden gewohnt, in einer Neubauwohnung“, erzählt die 85-Jährige. „Beruflich bedingt kamen wir zurück nach Schwerin. Die erste Wohnung an der Wismarschen Straße hatte mein Mann allein ausgesucht. Da hieß es noch Kohlen schleppen. Das war nichts für mich.“ Sie winkt schmunzelnd ab. Als die Familie dann das Angebot bekam, auf den Dreesch zu ziehen, wurde nicht lange überlegt. Hier war alles modern und es gab diverse Angebote zum Einkaufen und zum Zeitvertreib. Zu fünft bezogen die Tardels also ihre neue 66-Quadratmeter-Wohnung und schlossen Freundschaften im Haus. „Wir kannten einander mehr“, erinnert sich die Seniorin. „Wir haben zum Beispiel mal eine Verlobungsfeier unten im Waschkeller ausgerichtet.“ Heute ist nur noch eine Mieterin von damals mit im Haus. Es ist anonymer geworden. „Viele sind weggezogen oder verstorben“, sagt Rosina Tardel. „Aber wir wollten immer bleiben, selbst nach der Wende.“ Dabei zückt sie ein Foto von sich und ihrem Enkel Janko aus dem Jahr 1992 und ergänzt: „Wir hatten einen Hund – der Wald ist in der Nähe. Das hat uns gefallen.“
Heute ist der Dreesch ebenfalls nicht so schlecht wie sein Ruf, findet sie. „Am Dreescher Markt hat sich viel getan. Es gibt eine Drogerie, zwei Friseure und andere Läden. Man muss nicht in die Stadt fahren.“ Was sich allerdings verändert hat, ist das Freizeitangebot. Natürlich gibt es Anlaufstellen, aber weniger als früher. Oft sind diese zu weit zu Fuß für die 85-Jährige. Sie wünscht sich: „Mehr Orte, an denen man sich treffen kann, das wäre schön!“